Hänsel, Gretel & Rapunzel
Auf dem Weg zur sicheren Gemeinde
Kinder sind vielerlei Gewalterfahrungen ausgesetzt. Davon erzählt schon so manches deutsche Märchen. Z.B. werden Hänsel und Gretel hungrig sich selbst überlassen und erleben Vernachlässigung und schließlich psychische und körperliche Gewalt. Rapunzel wird in einen Turm gesperrt und am Ende gegen ihren Willen ihrer geliebten Haare beraubt. Oder schon mal über Aschenbrödel oder Max & Moritz nachgedacht?
Leider gehören Gewalterfahrungen von Kindern nicht in die Welt der Märchen und Fabeln, sondern sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet. Auch in unseren Gemeinden sind Kinder nicht automatisch vor solchen oder ähnlichen Erfahrungen geschützt. Die große Stärke der Gemeinde, nämlich ihr familiäres Miteinander und die vertrauensvollen Beziehungen, machen sie gleichzeitig auch anfällig für alle möglichen Formen des Vertrauensmissbrauchs.
Wie kann Gemeinde mehr und mehr zu einem Ort werden, an dem Kinder sicher sind vor den verschiedensten Formen von Gewalt – angefangen von körperlicher über psychische Gewalt wie Erniedrigung und Demütigung bis hin zu sexuellen Gewalterfahrungen oder auch geistlicher Gewalt durch bspw. strenge Verhaltensnormen?
Bereits seit einigen Jahren beschäftigen wir uns als Kindermitarbeiter mit diesem Thema. Wir haben uns entschlossen, uns als Mitarbeitende bewusst zu reflektieren und darauf zu achten, dass in unseren Gruppen jegliche Form von Gewalt keinen Raum hat. Dazu gehört auch, Dinge ansprechen zu dürfen und bereits Anfänge, z.B. Bloßstellung vor einer Gruppe, abzustellen.
Darüber hinaus haben wir ganz konkrete Standards für die Kinder- und Jugendarbeit in unserer Gemeinde vereinbart.
Von Mitarbeitenden in unseren Kinder- und Jugendgruppen erwarten wir, die Bereitschaft, zeitnah eine Schulung zum Thema „Sichere Gemeinde“ zu absolvieren. Bei diesen mehrstündigen Schulungen werden die Teilnehmenden grundlegend für dieses Thema sensibilisiert und anhand von Fallbeispielen auf kritische Alltagssituationen aufmerksam gemacht.
Des Weiteren ist jeder Mitarbeitende verpflichtet einen Kodex zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu unterschreiben. Darin willigt der Mitarbeitende in 6 Grundsätzen darin ein, Beziehungen zu Kindern und Jugendlichen so zu leben, dass Vertrauen nicht zerstört und Grenzen respektiert werden.
Der letzte Baustein dieses Konzeptes sieht für jeden Mitarbeitenden in der Kinder- und Jugendarbeit ab 18 Jahren die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnis vor; eine schlüssige Konsequenz, wenn wir uns auf den Weg zu einer sichereren Gemeinde machen wollen.
Wir glauben, dass diese Bausteine ein Qualitätsmerkmal unserer Arbeit mit jungen Menschen sind und sie uns helfen, das Thema „Sichere Gemeinde“ mehr und mehr in den Blick zu bekommen, sensibel dafür zu werden und eine Haltung zu entwickeln, die unsere Gemeinde zunehmend sicherer macht.
Michael Job